Im November 1985 enthüllten Chemiker ein Molekül mit beispielloser Symmetrie – das Buckminsterfulleren oder „Buckyball“ – eine Entdeckung, die die Materialwissenschaft revolutionierte und ihren Schöpfern 1996 den Nobelpreis für Chemie einbrachte. Die Geschichte seiner Entstehung ist eine Mischung aus Zufall, theoretischer Einsicht und unermüdlichem Experimentieren.
Das Geheimnis interstellarer Kohlenstoffketten
Die Suche begann in den 1970er Jahren, angetrieben durch rätselhafte Beobachtungen kohlenstoffreicher Moleküle im interstellaren Raum. Astronomen entdeckten mehr lange Kohlenstoffketten, als bestehende astrophysikalische Modelle erklären könnten. Die vorherrschende Theorie ging davon aus, dass abkühlende Rote Riesensterne diese Ketten in den Kosmos säen, doch die Beweise blieben unvollständig.
Der Durchbruch an der Rice University
Der entscheidende Moment kam an der Rice University, wo der Chemiker Robert Curl eine einzigartige Laserverdampfungstechnik entwickelt hatte. Indem er Atome mit einem Laser aus einer Metallscheibe verdampfte und sie dann in einer Heliumwolke abkühlte, konnte er ihre Zusammensetzung analysieren. Harry Kroto, ein Gast von der University of Sussex, schlug vor, die Metallscheibe durch Graphit – eine reine Form von Kohlenstoff – zu ersetzen, um die Außenhüllen roter Riesensterne zu simulieren.
Die unerwarteten Gäste
An zehn Tagen im September 1985 reproduzierten Kroto, Curl und Richard Smalley zusammen mit den Doktoranden Sean O’Brien und Jim Heath die langen Kohlenstoffketten, die man in Sternatmosphären erwartet. Allerdings brachte das Experiment unerwartete „ungebetene Gäste“ hervor: Moleküle mit genau 60 und 70 Kohlenstoffatomen. Diese Strukturen waren in einem früheren Experiment bei Exxon kurzzeitig beobachtet worden, ihre Bedeutung wurde jedoch übersehen.
Die Fullerenstruktur
Nach Tagen sorgfältiger Analyse stellte das Team fest, dass das aus 60 Kohlenstoffatomen bestehende Molekül C60 eine außergewöhnliche Stabilität besitzt. Im Gegensatz zu einer flachen Graphenschicht, die aufgrund der freien Bindungen hochreaktiv wäre, war C60 bemerkenswert inert. Das Rätsel um seine Struktur beschäftigte das Team, das auf Low-Tech-Modellierung mit Zahnstochern, Gummibärchen und Papierausschnitten zurückgriff.
Buckminster Fullers Vermächtnis
Der Durchbruch gelang, als Kroto sich an die geodätischen Kuppeln von Buckminster Fuller erinnerte, kugelförmige Strukturen aus ineinandergreifenden Dreiecken. Smalley holte Fullers Buch zu diesem Thema heraus und das Team erkannte die Struktur des C60-Moleküls: eine fußballähnliche Anordnung von Fünfecken und Sechsecken. Die resultierende Verbindung wurde zu Ehren des visionären Architekten und Erfinders Buckminsterfulleren genannt.
Der Aufstieg der Fullerene
Die Veröffentlichung in Nature vom 14. November 1985 markierte die Geburtsstunde der Fullerene – einer neuen Klasse geschlossenschaliger Kohlenstoffmoleküle. Im Jahr 1990 entdeckten Wissenschaftler, dass sie große Mengen Buckyballs produzieren konnten, indem sie einen Lichtbogen zwischen Kohlenstoffstäben laufen ließen. Diese Entdeckung eröffnete ein neues Feld der Materialwissenschaft, in dem Fullerene Anwendungen in der Nanotechnologie, der Medizin und darüber hinaus finden.
Die Geschichte der Buckyballs ist ein Beweis für die Kraft der von Neugier getriebenen Forschung. Was als Versuch begann, die interstellare Chemie zu verstehen, entwickelte sich zu einer bahnbrechenden Entdeckung, die unser Verständnis der molekularen Möglichkeiten von Kohlenstoff neu definierte
