Unser moderner Lebensstil löst uralte Stressreaktionen in unserem Körper aus und versetzt uns in einen ständigen Zustand des Kampfes oder der Flucht auf niedrigem Niveau, so eine neue Studie von Anthropologen der Universität Zürich und der Loughborough University. Das Kernproblem? Die Humanbiologie hat mit dem rasanten Tempo der technologischen und ökologischen Veränderungen nicht Schritt gehalten.
Das Missverhältnis zwischen Biologie und modernem Leben
Während des größten Teils der Menschheitsgeschichte war Stress akut: eine plötzliche Bedrohung (wie ein Raubtier), gefolgt von Phasen der Ruhe. Dadurch konnte sich der Körper erholen. Heutzutage halten chronische Stressfaktoren – von Arbeitsterminen bis hin zu Stadtlärm – unser Nervensystem ständig aktiviert. Der „Löwe“ verschwindet nie.
Das ist nicht nur ein Gefühl; es ist eine physiologische Realität. Unser Körper reagiert auf E-Mails, Verkehr und schwierige Gespräche, als ob es sich um lebenswichtige Situationen handelte und löst dabei die gleichen hormonellen und neurologischen Reaktionen aus wie die Flucht vor einem wilden Tier. Der Unterschied? Es gibt kein Ablassventil.
Die Folgen von Dauerstress
Die Forscher überprüften zahlreiche Studien, die modernen Stress mit einer Reihe von Gesundheitsproblemen in Verbindung bringen:
– Kognitiver Verfall: Chronischer Stress beeinträchtigt die Gehirnfunktion.
– Autoimmunerkrankungen: Eine längere Aktivierung des Immunsystems kann zu Funktionsstörungen führen.
– Sinkende Fruchtbarkeitsraten: Stresshormone stören Fortpflanzungsprozesse.
– Geringere Fitness in städtischen Gebieten: Moderne Umgebungen raten oft davon ab, sich körperlich zu betätigen.
Darüber hinaus verstärken Faktoren wie Luftverschmutzung, Mikroplastikbelastung und sitzende Lebensweise das Problem. Der kumulative Effekt besteht darin, dass unser Körper sich ständig auf Gefahren vorbereitet, aber nie die Chance bekommt, sich zu erholen.
Was kann getan werden?
Die Lösung besteht nicht darin, Stress vollständig zu beseitigen (das ist unrealistisch). Stattdessen geht es darum, Elemente unserer angestammten Umwelt wieder in das moderne Leben einzuführen. Die Forschung weist auf mehrere Schlüsselbereiche hin:
– Erhaltung von Grünflächen in Städten: Parks und Naturgebiete bieten eine wichtige Möglichkeit zur Stressreduzierung.
– Schutz natürlicher Landschaften: Der Erhalt des Zugangs zur Wildnis ist für das langfristige Wohlbefinden von entscheidender Bedeutung.
– Gestaltung städtischer Umgebungen, die Stressauslöser minimieren: Die Reduzierung der Lärmbelästigung, die Verbesserung der Luftqualität und die Förderung körperlicher Aktivität können hilfreich sein.
„Wir müssen unsere Städte in Ordnung bringen – und gleichzeitig Naturräume regenerieren, wertschätzen und mehr Zeit in ihnen verbringen.“
Im Wesentlichen sind die Menschen immer noch auf eine Welt eingestellt, die nicht mehr existiert. Das Erkennen dieses Missverhältnisses ist der erste Schritt zur Schaffung von Umgebungen, die unsere biologischen Bedürfnisse unterstützen, anstatt sie zu untergraben.



























